Vor nicht allzu langer Zeit sorgte der Dokumentarfilm „Wildes Herz“, ein Porträt des Frontmannes der linksextremistischen Band „Feine Sahne Fischfilet“ für erhebliche Aufregung, als bekannt wurde, dass dieser Streifen zum Auftakt der Thüringer „SchulKinoWoche“ ins Programm genommen wurde. Die Landesregierung weist jegliche Verantwortung für diese Auswahl weit von sich: „Die Landesregierung beteiligt sich nicht an der Auswahl der Filme für die SchulKinoWoche, gibt auch keinerlei Empfehlungen und bewirbt diese Woche auch nicht.“ So ist es einer Antwort auf meine kleine Anfrage zu diesem Thema zu entnehmen.
Jedoch bezieht eine andere Behörde weit mehr Stellung: die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW). Diese Einrichtung aller 16 Bundesländer mit dem Status einer Oberen Landesbehörde verlieh diesem Streifen das Prädikat „besonders wertvoll“. Im dazugehörigen Pressetext heißt es: „In einem Bundesland, in dem die AfD 21 Prozent der Landtagswahlstimmen erreicht, ist es schwer, sich gegen den Rechtsruck zu stellen. Und genau deswegen so wichtig. Die Punkband „Feine Sahne Fischfilet“ und ihr Frontmann Jan „Monchi“ Gorkow tun in Mecklenburg-Vorpommern genau das.“
Wikipedia gibt Auskunft darüber, dass die Vergabe der Prädikate durch eine Jury unabhängiger Gutachter, die durch die einzelnen Bundesländer für die Dauer von drei Jahren berufen werden, erfolgt. Die Filme werden nach Qualität und vorgegebenen Kriterien (Stoff, Form und filmische Gestaltung) beurteilt. Interessant ist jedoch die Nichtvergabe von Prädikaten, die ebenfalls durch Kriterien geregelt ist. Dort heißt es unter anderem, dass Filme kein Prädikat erhalten, die „der Wahlpropaganda oder in herabwürdigender Weise der politischen Propaganda dienen“. Einmal ungeachtet der Tatsache, dass Feine Sahne Fischfilet vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft werden, weist der Pressetext der FBW doch indirekt auf Wahlpropaganda hin: „Regisseur Charly Hübner und sein Co-Regisseur Sebastian Schultz haben Monchi und seine Band bei ihrer Anti-Rechts-Tour „Noch nicht komplett im Arsch“, die im Wahljahr 2016 durch ganz Mecklenburg-Vorpommern führte, begleitet.“ Und ist es nicht so, dass wir uns wieder vor wichtigen Wahlen befinden und gerade jetzt dieser Film erhebliche Aufmerksamkeit erfährt, nicht zuletzt durch die Vergabe dieses Prädikates.
Nicht nur dies lässt Zweifel an der Daseinsberechtigung dieser Behörde aufkommen: Es werden nur die Prädikatskategorien: wertvoll, besonders wertvoll oder eben kein Prädikat vergeben; die Filme werden auf Antrag durch die Filmemacher selbst geprüft und finanziert wird die FBW hauptsächlich durch Gebühren, die für die Begutachtung erhoben werden. Man „kauft“ sich dieses Prädikat also. Am besten lässt sich die Absurdität dieses Prädikates an einem Beispiel ablesen: So erhielt auch der Hollywoodkommerzstreifen „Hellboy 2“ das Prädikat „besonders wertvoll“. Um nun den Bogen zurück zur Thüringer Landesregierung zu spannen: Auch die Thüringer Landesregierung beruft sich bei der Beantwortung meiner kleinen Anfrage auf dieses Prädikat: „Der preisgekrönte Dokumentarfilm „Wildes Herz“ wurde durch die Deutsche Film- und Medienbewertung als „besonders wertvoll“ bewertet.“ Einen weiteren Kommentar hierzu, erspare ich mir.